„Hallo, ich heiße Nadja. Ich habe ein schönes blaues T-Shirt mit einem Wald und den Wörtern ,viel Glück‘.“ „Ich heiße Liza. Mein T-Shirt ist bunt wie ein Regenbogen.“
Kinderzentrum Nadeshda in Weißrussland, am Nachmittag des 7. November. 26 Jugendliche aus Wetka veranstalten eine Modenschau. Nadja und Liza sind stolz auf ihre T-Shirts – die haben sie in den vergangenen Tagen in bunten Farben bemalt. Und sie sind noch auf etwas anderes sehr stolz: Darauf, dass sie wenige Sätze auf Deutsch sagen können. Die Vierzehnjährigen haben die Sprache seit zwei oder drei Jahren in vier Arbeitsgemeinschaften „Deutsch ohne Angst“ gelernt, jede Woche, mit 24 anderen – freiwillig am Gymnasium in Wetka. Und jetzt in Nadeshda. Dort verbrachten die Kinder und Jugendlichen von 9 bis 15 Jahren ihre Herbstferien. Acht Menschen begleiteten sie dabei: Mitarbeiter unseres Vereins ermöglichten zusammen das einwöchige Projekt „Deutschkurs“. Wann immer möglich, wurde Deutsch gesprochen – nur zur Not mit Übersetzungshilfe ihrer Lehrerin Eugenia Pilipchuk.
Keine strengen Unterrichtsstunden standen auf dem Plan, sondern spielerische Aktionen. Wie mit Barbara Straub und ihrer Tochter Klara (15). Alle zusammen sammelten im Wald Zweige und Zapfen, daraus bauten sie dann ein großes Natur-Mobile.
Ulrike Korn brachte Farben, Pinsel, Walzen und jede Menge T-Shirts mit – und die wurden dann bemalt. „Ich bin begeistert, mit welcher Lust, Kreativität und Konzentration die Mädchen und Jungen am Werk waren“, sagte die Künstlerin und Kunstpädagogin nach vier Tagen. „Wir haben mit den Namen auf Deutsch und Russisch begonnen, dann sind kleine Kunstwerke auf weiteren T-Shirts entstanden.“Ihr Mann Michael und ihre Freundin Ellinor Müller unterstützten sie – und alle wurden als Freunde akzeptiert.
Nicht anders erging es Ursula Himpel-Bosch, Alfred Merkle und Klaus Wagner. „Guten Morgen, hast du gut geschlafen?“ begrüßte die Lehrerin am ersten Morgen die Jugendlichen. Freudestrahlen war die Antwort – und ein „Danke, ich habe gut geschlafen.“ Klare Sätze zum Alltag kamen dran, zu ihren T-Shirts formulierten die Schüler kurze Aussagen – etwa, dass der Titel des Lieblingsspiels darauf stand, oder das Wort „Liebe“.
Immer wieder staunten die Mentoren – auch über die Zeichen der Zuneigung: ein Lachen, eine kleine Berührung, ein kurzes Umarmen.
Im Hochseilgarten bewiesen die Gymnasiasten Mut auf schwankenden Brettern in vier Metern Höhe, beim Foto-Workshop entstanden tags darauf faszinierende Porträts – mit vielen Worten auf Deutsch.
Die erklangen auch beim Abschied: „Vielen Dank, dass wir alle hierher eingeladen wurden.“ „Wir werden die Stunden hier nie vergessen.“ „Wir lieben Ihre Aufmerksamkeit.“ „Wir haben hier viel gelernt.“ „Es war für uns ein Erlebnis unbeschreiblicher Art“, fasste Alfred Merkle für die Stuttgarter zusammen. „Es hat mich gerührt und aufgerüttelt. Wir müssen weitermachen.“
Klaus Wagner
Der Artikel ist im Spenderinfo November 2019 erschienen
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